Drachenflugschule
Diese Geschichte schloss ihren Kreis an einem Herbstmorgen voller Drachenkraft, zwischen Wasser, Nebel und aufsteigendem Licht. Sie erzählt vom inneren Feuer, das sich wandelt – von Wut zu Mut, von Mut zu Liebe.
Es war eine dieser Wochen, in denen die Drachenkraft in mir erwachte.
Wieder einmal mehr.
Zuerst still, dann brodelnd, dann flammend – so wie sie es immer tut, wenn sie wieder Raum einnehmen will.
Ich spürte sie aufsteigen, Tag für Tag.
Mal ließ ich sie lodern, mal betrachtete ich sie still,
so wie man einen Vulkan beobachtet, der noch überlegt, ob er ausbrechen soll – oder eben nicht.
Ich wusste: da kommt noch mehr.
Bilder, Begegnungen, kleine Alltagsgeschichten – alles wollte mich begleiten,
bis ich wieder an diesen Punkt käme, wo der Drache sich reckt und streckt und sagt: Jetzt!
Und ja – es geschah. Ich habe gesprochen. Tacheles. Vielleicht nicht an der sogenannten „richtigen“ Stelle,
doch es ging auch nie darum, jemanden direkt zu treffen.
Es ging darum, mich SELBST zu treffen – mir selbst zu begegnen.
Mich in meiner ganzen Feuerkraft zu erfahren. Laut. Wahr. Lebendig.
Es gibt Menschen, die können das halten. Sie halten Raum, wenn Feuer fließt.
Und während ich sprach, verwandelte sich etwas in mir – Wut wurde zu Mut, Mut wurde zu Liebe.
Die ganze Woche über kamen mir Drachenbilder entgegen. Hätte ich sie von Anfang an in einem Kunstwerk zum Ausdruck gebracht, ich hätte sie vielleicht wieder eingesperrt –
denn manchmal ist das Malen ein Weg, etwas zu zähmen, statt es voll in mir wachsen zu lassen.
Doch diesmal wollte ich sie spüren. Ganz. Die Drachenkraft in mir.
Denn wir alle sind Alchemisten. Wir tragen die Kunst der Wandlung in uns.
Und der Drache ist nichts anderes als der Atem dieser Alchemie.
Er ist nicht bedrohlich. Er ist Erinnerung an Lebenskraft – an Liebe in Bewegung.
Die Farben des Herbstes erzählen dasselbe Lied.
Das Rot der Blätter – Wut und Mut. Das Gelb – die Sonne, das Licht.
Und der Nebel – das sanfte Grau dazwischen, das alles umhüllt.
Morgen beginnt der November, und während viele ihn als trüb empfinden, sehe ich die pure Magie darin.
Der Stock im Wasser – wie ein schlafender Drache, der kurz aus der Tiefe auftaucht, vom Licht berührt. Ein Symbol für das Wiedererwachen innerer Kräfte.
Heute früh bin ich noch einmal hinaus – der Drache in mir wollte fliegen. Am Wasser entdeckte ich einen Stock, der aus der Tiefe ragte wie ein schlafender Drache, der kurz den Kopf hebt, um zu sagen: Ich bin da. Das Licht spielte in Drachenfarben – tiefes Blau, feuriges Rot, goldenes Gelb. Ich wusste: Das ist er. Ich spürte ihn.
Und auf der Brücke, ein paar Schritte weiter, lag ein einzelner Kinderschuh. Verloren.
Und ich musste lächeln. Wir alle stecken noch in unseren Kinderschuhen – so klug, so wissend, und doch erst am Anfang.
Wenn wir diesen Schuh verlieren, spüren wir die Erde wirklich. Dann tut jeder Stein weh – und gerade das macht uns so lebendig.
Der Kinderschuh auf der Brücke – auch ein Symbol für unsere Entwicklung kam mir in den Sinn. Wir stecken tatsächlich noch in den Kinderschuhen, doch wenn wir sie verlieren, spüren wir die Erde wirklich. In meinen Schuhen kann kein anderer gehen und doch kann es dienlich sein, um das Rechthaben aufzugeben.
Mir fiel Goethes Satz ein: „Die Flöhe und die Wanzen gehören auch zum Ganzen.“
Wie recht er hat. Sogar die kleinen Wanzen, die sich jetzt zeigen, tragen ihre Drachenzeichen –
grau mit einem leuchtend roten Muster, wie ein Liebesbrief aus der Tiefe der Natur.
So wandelt sich die Geschichte: von der Wut zur Liebe, vom Feuer zum Licht, vom Drachen zur Sonne.
Das ist Drachenflugschule. Lektion eins: Fühle. Lektion zwei: Wandle. Lektion drei: Liebe.
Denn das Auge des Drachens, das viele fürchten, ist dasselbe Auge, das in Wahrheit die Liebe sieht.
Und das Maul, das Feuer speit, lächelt – leise, wissend, wie einer, der das Geheimnis kennt:
„Jede Schuppe ist ein Geschenk. Jedes Feuer ein Gebet. Und jedes Mal, wenn du brennst, wirst du neu geboren.“
Die Essenz der letzten Tage – für mich – und ich teile sie mit dir
Der Drache steht für die Alchemie der Wandlung – aus Wut wird Mut, aus Mut wird Liebe.
Der Stock im Wasser erinnert an die Kräfte, die in uns ruhen und doch jederzeit auftauchen können.
Der Kinderschuh erinnert an das Lernen, das Gehen auf neuen Wegen, das Vertrauen in die eigene Unschuld.
Die Farben – Rot, Gelb, Grau – sind die Sprache der Transformation: Feuer, Licht und Nebel als Einheit.
Drachenenergie ist pure Lebensenergie. Wenn sie fließt, brennt sie nicht nieder, sie wärmt und nährt.
Schlussbotschaften – Essenz des Drachenflugs
„Ich bin nicht hier, um das Feuer zu zähmen und zu unterdrücken. Ich bin hier, um mich daran zu erinnern, dass es Liebe ist, die brennt. Der Drache in mir – das bin ICH selbst, im Moment des Erwachens, wenn Feuer zu Licht wird.“
„Wenn ich atme, atmet der Drache. Wenn ich liebe, liebt er mit mir. Und jedes Mal, wenn ich Feuer spüre, weiß ich: Ich lebe.“
„Es braucht keinen Kampf, um den Drachen zu besiegen. Es braucht nur Mut, ihm in die Augen zu sehen – und zu erkennen: dort wohnt die Liebe.“
In Liebe Stefanie Seiler

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